Hören, Sehen, Riechen, Schmecken - mit unseren Sinnen nehmen wir nicht nur gezielt die Reize unserer Umgebung auf, sondern verarbeiten unsere Eindrücke auch, jeder auf seine Art und Weise. So unterschiedlich wie jeder riecht, schmeckt, hört und sieht, so unterschiedlich sind auch die eigenen Lernpräferenzen. Was es mit dem Begriff "Lerntypen" auf sich hat und wie diese Klassifizierung beim eigenen Lernen hilft, zeigen wir in diesem Artikel.
Lerntypentheorie - Was ist dran?
Wir alle kennen es aus unserer eigenen Kindheit: Hatten wir im Kindergarten noch die Möglichkeit, viele Dinge frei nach unserem Interesse auszuprobieren - ob ruhiges Zuhören in der Leseecke, aktives Klettern draußen auf den Gerüsten oder konzentriertes Malen am Schreibtisch -, so sind wir in der Schule auf einmal einem starken Kontrast ausgesetzt: Auf einmal müssen wir auf unseren Stühlen sitzen bleiben, zuhören und die neuen Dinge vom Platz aus aufnehmen. Dass dies nicht jedem Kind von Anfang an leicht fällt, liegt nicht nur daran, wie sehr es schon darin geübt ist, still sitzen zu bleiben und zuzuhören. Auch was für ein Lerntyp man selber ist, spielt eine große Rolle dafür, wie gut man Lerninhalte aufnehmen kann. Je vielfältiger also die jeweilige Lernumgebung gestaltet ist, desto eher holt man alle beim Lernen ab und desto mehr Spaß macht das Lernen auch zusammen in der Gruppe.
Was ist ein Lerntyp?
Faktoren wie Alter, Vorwissen, Intelligenz, Motivation sowie der sozioökonomische Hintergrund spielen eine wichtige Rolle dafür, wie schnell sich ein Kind neue Lerninhalte aneignen kann. Aber zum Glück ist das nicht alles, auch die Betrachtung der jeweiligen Lerntypen hilft dabei, eine abwechslungsreiche Lernumgebung zu schaffen, die für alle Kinder geeignet ist.
Seit sich die Psychologie am Anfang des 20. Jahrhunderts mit verschiedenen allgemeinen Lerntheorien auseinandergesetzt hat, hat sich erst in 1970ern ein erweitertes Interesse für das individuelle Lernen entwickelt. Man fing an, die kognitive Aufnahmefähigkeit jedes Einzelnen unter die Lupe zu nehmen und zu schauen, welcher “Typ” Lerner auf welche Art und Weise lernt.
Welche Lerntypen gibt es?
Unter dem Biochemiker und Universitätsprofessor Frederic Vester haben sich die Lerntypen herauskristallisiert, die das Lernen nach den Wahrnehmungsarten “Hören, Sehen, Lesen und Fühlen/Tasten” präferieren. Andere Forscher haben dieses Modell erweitert, sodass man heutzutage von folgenden drei bzw. vier Lerntypen spricht:
- auditiver Lerntyp
- visueller Lerntyp
- haptischer/kinästhetisch-motorischer Lerntyp
- kommunikativer Lerntyp*
Auditive Lerntypen nehmen die Informationen vor allem über die Ohren auf. Für sie ist es eine große Hilfe, den Klang und die Melodie des Gesagten mit seinem Inhalt zu kombinieren.
Unsere Tipps für auditive Lerntypen
- Einen ruhigen Ort zum Lernen aufsuchen
- Den Lernstoff laut vorlesen oder sich selbst vorsagen
- Anderen den Lernstoff erklären
- Sich den Lernstoff von anderen mündlich erklären lassen
- Den Lerninhalt selbst aufnehmen und wiederholt anhören
- Eher Hörbücher als Bücher nutzen
- Den Lernstoff über Lieder und Reime aneignen
Visuelle Lerntypen nehmen die Informationen vorwiegend über die Augen auf. Bilder und graphische Darstellungen sind für sie viel einprägsamer als geschriebene Worte. Ihnen helfen vor allem verschiedene Farben und Formen, weswegen es sinnvoll ist, mit selbst gemalten Bildern, Farbstiften und eigenen Zeichnungen zu arbeiten.
Unsere Tipps für visuelle Lerntypen
- Bilder und Zeichnungen selbst anfertigen
- Texte farblich markieren
- Mit bunten Zetteln oder Karteikarten arbeiten
- Poster anfertigen mit verschiedenen Informationen zu einem Thema
- Filme und Videos zu dem Lernthema anschauen
Kinästhetisch-motorische Lerntypen lieben es, selbst etwas auszuprobieren. Sie experimentieren gerne und probieren mit Vorliebe verschiedene Wege aus, bis sie an die Lösung eines Problems kommen. Dabei bewegen sie sich oft und gestalten gerne etwas mit ihren eigenen Händen.
Unsere Tipps für kinästhetisch-motorische Lerntypen- Aufstehen und sich bewegen, wenn man über etwas nachdenkt
- Durch Experimente lernen
- Fragen stellen und sich die Sachverhalte erklären lassen
- Etwas selbst gestalten, z.B. aus Knete formen
- Rollenspiele spielen und schauspielern
*Auch wenn der kommunikative Lerntyp bei Vester selbst nicht berücksichtigt wurde, wurde er von anderen Lerntheoretikern in die Einteilung der “klassischen Lerntypen” mit hinzugenommen, weswegen wir ihn hier der Vollständigkeit halber mit aufnehmen wollen. Kommunikative Lerntypen lieben es, sich sprachlich mit den Lerninhalten auseinanderzusetzen.
- Mit anderen über die Themen sprechen
- Bewusst Fragen zu den Lerninhalten formulieren
- Über die Themen diskutieren
- Unterschiedliche Perspektiven über ein Thema einnehmen
Auch wenn diese “klassischen Lerntypen” sich bis heute in der Lern- und Lehrforschung gehalten haben, gelten sie mittlerweile unter Kritikern als veraltet. Man kann sagen, dass sie eine stark vereinfachte Übersicht für die verschiedenen Lerntypen geben. Klar ist aber auch, dass es keine “statisch festgelegten” Lerntypen gibt, weswegen man dieses Modell auch erweitert hat und man detaillierte Darstellungen unter dem Begriff Lernstile findet, die wir in unserem nächsten Blogartikel erläutern.